Züchtung und Produktion von Agrostis stolonifera
Ein Blick hinter die Kulissen der Züchtung, Selektion und Produktion von Rasensaatgut.
Der Bedarf europäischer Golfclubs an neuen und leistungsfähigeren Agrostis-Sorten steigt kontinuierlich an. Sie bilden eine der Grundlagen, um den Anforderungen des integrierten Pflegemanagements gerecht zu werden. In jüngster Zeit kam eine Vielzahl neuer Sorten auf den Markt. Doch welche Herausforderungen gilt es zu meistern, damit den Greenkeepern diese Innovationen zur Verfügung gestellt werden können?
Versuchsflächen mit Flechtstraußgras im Rutgers Center for Turfgrass Science.
Die Züchtung von Flechtstraußgras
Traditionelle Strategien in der Pflanzenzüchtung setzen auf die Hybridisierung von vorselektierten Sorten unter Zuhilfenahme ausgewählter Wildsorten. Mit diesem Verfahren wird die Einengung des Genpools verhindert und die genetische Vielfalt erweitert. Erwünschte Eigenschaften werden beibehalten und sich zu Nutze gemacht. Zahlreiche Züchtungsprogramme basieren auf dieser Vorgehensweise. Im Laufe der vergangenen 30 Jahre konnten Pflanzenzüchter mit dieser Methode die Leistungsfähigkeit verschiedener Rasengräser in vielerlei Hinsicht erhöhen.
Die Hybridisierungstechnik erweist sich jedoch bei Flechtstaußgräsern als problematisch. Auf Grund der Komplexität und der teils erheblichen Unterschiede hinsichtlich der Ploidie zwischen den einzelnen Sorten, führt die Einkreuzung wilder Varianten hier eher zu einem Rückschritt, da sich unerwünschte Eigenschaften sehr leicht übertragen.
Auf Golfplätzen gehört Agrostis zu den am häufigsten genutzten Arten. Speziell auf Greens aber auch hin und wieder auf Abschlägen und Fairways.
Es handelt sich um eine äußerst anpassungsfähige Art, die sich durch Ausläufer verbreitet und Lücken in den Beständen sehr schnell wieder schließt. Jedoch ist die Art für verschiedene Pilzerkrankungen wie Schneeschimmel, Typhula- Fäule, Dollar Spot und andere sehr anfällig. Daher gehört das Kriterium der Krankheitstoleranz bei Agrostis für Züchter zu den wesentlichen Schwerpunkten. In den vergangenen Jahren konnten zum Teil signifikante Erhöhungen der Krankheitstoleranzen gegenüber diversen Pilzerkrankungen erreicht und so der Bedarf an Fungiziden reduziert werden.
Die hohe Keimfähigkeit und der aufrechte Wuchs gehören ebenso zu den erstrebenswerten Eigenschaften wie eine hohe Toleranz gegenüber Hitze, Trockenheit und mechanischer Belastung. Zusammenfassend führen diese Züchtungsziele zu Sorten, die mit einer Vielzahl umwelt- und spielbedingter Einflüsse besser zurechtkommen.
Putting-Green aus Straußflechtgras
Saatgutproduktion von Agrostis stolonifera
Die Züchtung einer Hochleistungssorte ist zweifelsfrei eine Herausforderung. Eine weitere besteht darin, reines Saatgut zu produzieren. Nahezu die gesamte Produktion des Agrostis-Saatgutes findet in den USA, Willamette Valley/Oregon statt. Die Anzahl der produzierenden Landwirte ist dabei bemerkenswert gering. Um den extrem hohen Qualitätsansprüchen zu entsprechen, erzeugen sie durchgängig fremdsorten- und unkrautfreie Saatgutpartien.
Die Produktion von Agrostis stolonifera ist äußerst anspruchsvoll. Mit 13 Millionen Körnchen pro Kilogramm sind die Samen extrem klein. Dies erschwert das Entfernen der zahlreichen Verunreinigungen durch beispielsweise Fremdsamen erheblich. Ferner kommt hinzu, dass nur sehr wenige Herbizide in der Saatgutproduktion zugelassen sind. Aufgrund der beschränkten Anzahl der zur Verfügung stehenden chemischen Mittel und der nach der Ernte schwer aus dem Saatgut zu entfernenden Unkräuter sind die Erzeuger in hohem Maße auf Handarbeit angewiesen, um die Produktionsfelder frei von Verunreinigungen durch Unkräuter zu halten. Sie setzen Teams ein, die während der Anbausaison fünf bis zehnmal die Felder abgehen und einzelne Wildpflanzen mit einem Herbizid besprühen oder Unkräuter hacken, um so die Produktionsflächen bis zur Ernte unkrautfrei zu halten.