Die Hülle macht den Unterschied: CRF in der Landwirtschaft

Dünger mit kontrollierter Freisetzung (CRF) bieten als jüngste Innovation in der Düngemitteltechnologie die höchste Nährstoffeffizienz.

Dezember 2, 2019
8Min
Ronald Clemens
Global Category Manager für CRF-Dünger

Vor über 50 Jahren führte ICL mit Osmocote Controlled-Release Fertilizers (CRF) den ersten polymerbeschichteten Dünger in den USA ein: ein NPK-Granulat mit einer organischen Harzbeschichtung, die sicherstellte, dass eine einmalige Ausbringung von Nährstoffen für eine lange Zeit ausreichte. Dies war der Beginn eines völlig neuen Prinzips der Düngemittelausbringung. Dieses Konzept wurde ursprünglich für hochwertige Zierpflanzen in Töpfen entwickelt, bei denen sich Nährstoffverluste direkt auf die Qualität der Pflanzen auswirken. Das CRF-Konzept wurde schnell auf andere hochwertige Kulturen wie Erdbeeren und Obstbäume übertragen, wo Effizienz und Einfachheit der Düngerausbringung sehr sinnvoll sind.

Bei flächenstarken Gartenbau- und Landwirtschaftskulturen im Freiland war dies noch nicht der Fall, vor allem wegen des Preisunterschieds zwischen CRF und herkömmlichen Düngemitteln. In den letzten 10 bis 15 Jahren haben neue technische Entwicklungen sparsamere und effizientere CRF-Produkte ermöglicht und damit die Voraussetzungen für einen breiteren Einsatz von Düngemitteln mit kontrollierter Freisetzung in der Landwirtschaft geschaffen.

Da die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050 voraussichtlich noch weiter ansteigen wird und die Ackerflächen abnehmen, müssen die Landwirte die ihnen zur Verfügung stehenden Flächen effizienter nutzen. Gleichzeitig erhöhen der globale Druck und der Klimawandel die Notwendigkeit, Düngemittel sinnvoller einzusetzen und Technologien zu nutzen, die dazu beitragen, die Umweltauswirkungen der Landwirtschaft weltweit zu verringern.

 

Maximale Nährstoffeffizienz

 

CRF gilt als die Düngemitteltechnologie mit der höchsten Nährstoffeffizienz. Es ist allgemein anerkannt, dass Mineraldünger, einschließlich CRF, für die Ernährung von etwa der Hälfte der Weltbevölkerung verantwortlich sind. Herkömmliche Düngemittel lösen sich sofort nach der Ausbringung im Boden auf und liefern nur für kurze Zeit Nährstoffe. Mehrere Düngergaben sind notwendig, um sicherzustellen, dass die Pflanzen die benötigten Nährstoffe erhalten. Mehrfache Ausbringungen bedeuten vielmals erhöhte Bodenverdichtungen durch mehr Überfahrten, aber auch hohe Kosten- und Arbeitszeitaufwände.

Dank ihrer speziellen Beschichtung geben CRF-Granulate die Nährstoffe langsam und über einen längeren Zeitraum hinweg ab. Je nach Laufzeit eines CRF-Produkts dauert die Nährstofffreisetzung mehrere Wochen bis hin zu vielen Monaten.

CRFs unterstützen eine bessere Nährstoffeffizienz, diese wird dadurch erreicht, dass die Nährstofffreisetzung durch CRF genau auf den Nährstoffbedarf der Pflanzen abgestimmt wird. Dies führt nicht nur zu optimalem Wachstum, sondern verringert auch die Auswaschung, Verflüchtigung, Denitrifikation und den Verlust von Nährstoffen.

CRF können die Ernteerträge bei geringerer Gesamtnährstoffzufuhr aufrechterhalten oder steigern – ein wichtiger Vorteil in Regionen mit eingeschränkt erlaubter Stickstoffzufuhr wie z.B. rote Gebiete.

CRF reduzieren die Anzahl der Überfahrten: ein großer Vorteil in Regionen, in denen die Kosten für manuelle Arbeit hoch sind, oder in Regionen, in denen die Mechanisierung und der Transport von Düngemitteln aufgrund von steilen Hängen oder schlechter Infrastruktur kompliziert sind.

Abhängig von den Anbaubedingungen können CRFs den Düngemitteleinsatz erheblich reduzieren:

Gesamtdüngereinsatz: um 20 %, sogar bis zu 50 %;
Auswaschung: um bis zu 55%;
Denitrifikation: um durchschnittlich bis zu 40 %;
Verflüchtigung: um bis zu 40 %.

(Die Zahlen basieren auf unabhängigen Untersuchungen mit ICL CRF-Technologien)

 

Was ist ein CRF – Controlled-Release Fertilizer?

 

Es ist wichtig zu wissen, dass nicht alle Langzeitdünger gleich sind, man unterscheidet zwischen Düngern mit kontrollierter Freisetzung (CRF) und Düngern mit langsamer Freisetzung (SRF). Schauen wir uns die offiziellen Definitionen dieser beiden Düngemitteltypen an:

CRF: “Ein Dünger, bei dem die Nährstofffreisetzung kontrolliert wird und der die angegebene Freisetzungsrate des Nährstoffs und die angegebene Freisetzungszeit bei einer bestimmten Temperatur einhält.” (ISO 8157:2015)

SRF: “Ein Düngemittel, dessen pflanzenverfügbare Nährstoffe durch Hydrolyse und/oder biologischen Abbau und/oder begrenzte Löslichkeit im Vergleich zu einem ‘löslichen’ Referenzprodukt, z. B. Ammoniumsulfat, Ammoniumnitrat und Harnstoff, über einen längeren Zeitraum verteilt sind.” (ISO 8517:2015)

Der Mechanismus der Nährstofffreisetzung ist bei den beiden Düngemitteln also völlig unterschiedlich. SRFs sind Mineralien, die eine gewisse Zeit brauchen, um sich aufzulösen oder ihre Nährstoffe freizusetzen. CRF erfordern eine qualitativ hochwertige Umhüllung und einen gleichmäßigen Herstellungsprozess. Während die Freisetzung der Nährstoffe von SRFs von Temperatur, Wasser, pH-Wert des Bodens und Mikroorganismen beeinflusst wird, werden CRFs nur von Temperatur und Wasser beeinflusst.

 

Controlled-Release Technologie

 

Auch bei den Rohstoffen, die zur Herstellung der Beschichtung verwendet werden, gibt es Unterschiede. Es ist wichtig zu verstehen, dass es diese Unterschiede gibt und dass sie sich direkt auf die Effizienz der Nährstofffreisetzung auswirken. Die effizienteste Beschichtungstechnologie ist die jüngst entwickelte – die Polymerbeschichtung. Sie ermöglicht die beste Kontrolle über die Nährstofffreisetzung und entspricht damit am ehesten dem Bedarf der Pflanzen, ohne dass es zu Spitzen oder Einbrüchen bei der Freisetzung kommt.

 

TechnologieUmhüllungFreisetzungstechnologieVorteileNachteile
Schwefel-umhüllter Harnstoff (SCU)SchwefelDiffusion von flüssigem Wasser durch MikrorisseGeringe Temperatur-empfindlichkeitSchwierige
Steuerung der Freisetzung
Polymer-/Schwefel-umhüllter Harnstoff Schwefel + PolymerDiffusion von flüssigem Wasser durch MikrorisseGeringe Temperatur-empfindlichkeitGeringere
Kontrolle über
die Freisetzung
Polymer-umhüllter Harnstoff/NPKPolymerDampfförmige Diffusion durch die UmhüllungHervorragend kontrollierte FreisetzungHöhere Kosten
Quelle: Terlingen, J.G.A., Radersma, S., Out, G.J.J., Hernández-Martínez, J., Ramaekers-Franken, P.C. (2016) Current developments in controlled-release fertilisers, International Fertiliser Society, Proceedings 781, p 6.

 

Ein weiterer Aspekt, den es bei der Auswahl eines Langzeitdüngers zu berücksichtigen gilt, sind die verschiedenen Nährstoffe, die Kombination von Nährstoffen und sogar der Umhüllungsgrad. Eine Düngemittelmischung, die zu 10 % aus einem umhüllten Anteil besteht, wird oft als kontrollierter Freisetzungsdünger bezeichnet, aber wie Sie sich vorstellen können, unterscheiden sich seine Langlebigkeit, seine Effizienz und seine Auswirkungen auf die Sicherheit der Pflanzen sehr von einem zu 100 % umhüllten CRF. Je näher an den Wurzeln einer Pflanze der Dünger ausgebracht wird, desto wichtiger ist es, ein vollständig umhülltes CRF-Produkt zu verwenden. In der Forstwirtschaft beispielsweise, wo Düngemittel in das Pflanzloch eingebracht werden und der junge Baum oder Setzling direkt darauf gepflanzt wird, ist ein hochwertiger, zu 100 % umhüllter CRF unerlässlich.

Controlled Release verhindert Nährstoffverluste

 

Stickstoff (N) ist besonders anfällig für Verluste durch Nitratauswaschung, vor allem auf leichten (sandigen) Böden. In tropischen Klimazonen sind die Gesamtstickstoffverluste am höchsten. Stickstoff mit kontrollierter Freisetzung wird häufig in den Boden eingearbeitet, so dass die Auswaschung automatisch minimiert wird. Die Ummantelung des Stickstoffs sorgt dafür, dass kurz nach der Ausbringung hohe NO3-Gehalte im Boden vermieden werden, so dass auch eine Auswaschung verhindert werden kann.

Phosphor (P) leidet unter der Fixierung im Boden. Dies kann auf alkalischen/kalkhaltigen P-Fixierböden und sauren P-Fixierböden, die reich an Aluminium und Eisen(hydr)oxiden sind, geschehen. Tropische Gebiete weisen häufig saure, stark verwitterte Lehmböden auf, die überwiegend P-fixierend sind. CRF können die Bodenfixierung verhindern: Phosphor in CRF kann die Nährstoffkonzentration in den Böden niedrig halten und so die Ausfällung mit oder die Adsorption an reaktiven Mineralien einschränken.

Kalium (K) kann auf sandigen Böden in Gebieten mit starken Regenfällen und stark verwitterten tropischen Böden leicht ausgewaschen werden. CRFs können die Auslaugung verhindern. Aufgrund der komplizierten Infrastrukturen in vielen tropischen Ländern kann die Verringerung des Nährstoffeintrags und des Nährstofftransports in die Plantagen sehr wichtig sein, um die CO2-Bilanz der Pflanzen zu verbessern.

Die Effizienz von CRF und die verringerten Nährstoffverluste bedeuten, dass ein Landwirt die Ausbringungsraten senken und trotzdem ein gesundes Ertragsniveau beibehalten kann. Geringere Mengen senken die Gesamtdüngekosten und erleichtern die Ausbringung von Düngemitteln. Es hat sich gezeigt, dass CRFs bei gleicher Ausbringungsmenge die Erträge pro Hektar erhöhen.

“Bei ICL haben wir in den letzten zehn Jahren unser Know-How und unsere Erfahrung im Bereich der Beschichtung genutzt, um spezielle Formulierungen mit bestimmten Beschichtungsanteilen und Laufzeiten zu entwickeln, die eine höhere Nährstoffausnutzung in einer bestimmten Kultur oder Kulturgruppe ermöglichen.”

 

Erfolge in der Landwirtschaft

 

CRF werden bereits erfolgreich bei mehreren landwirtschaftlichen Kulturen eingesetzt, bei denen Nährstoffeffizienz, die Verringerung des Düngemitteleinsatzes und der Anwendung sehr wichtig sind (z. B. Bananen, Kaffee, Palmöl, Reis, Zuckerrohr und Kartoffeln). Es gibt jedoch kein Patentrezept, mit dem sich eine höhere Nährstoffausnutzung und höhere Erträge bei allen Kulturen und in allen Regionen erzielen lassen. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Bedürfnisse der Pflanzen zu verstehen und den bestmöglichen CRF darauf und auf die Anbaubedingungen in der Region abzustimmen.

Bei ICL haben wir in den letzten zehn Jahren unser Fachwissen und unsere Erfahrung im Bereich der Beschichtung genutzt, um spezielle Formulierungen mit bestimmten Beschichtungsanteilen und Laufzeiten zu entwickeln, die eine höhere Nährstoffausnutzung in einer bestimmten Kultur oder Kulturgruppe ermöglichen. Die Wirksamkeit dieser CRF-Konzepte wurde in unserem umfangreichen Versuchsprogramm und in unabhängigen Untersuchungen nachgewiesen, die zu maßgeschneiderten CRF-Programmen geführt haben.

Trial in potatoes, the Netherlands. One application of fully coated ICL CRF (Agrocote Max, below red line) instead of three applications with conventional nitrogen-based fertilizers (grower practice—above red line) increased total yield by 9% and generated €450/ha extra income.

Versuch mit Kartoffeln in den Niederlanden. Eine Anwendung von voll umhülltem ICL CRF (Agrocote Max, unterhalb der rote Linie) anstelle von drei Anwendungen mit konventionellen Stickstoffdüngern (Anbaupraxis, oberhalb der roten Linie) steigerte den Gesamtertrag um 9 % und brachte 450 €/ha zusätzliches Deckungsbeitrag.

 

A coffee trial in the state of Minas Gerais, Brazil, where conventional fertilizer is applied three times a year via top-dressing (left), versus an ICL CRF formulation of 4–5M in one application only (right)

Ein Kaffeeversuch im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais, bei dem dreimal im Jahr konventionelle Düngemittel per Kopfdüngung ausgebracht werden (links), im Vergleich zu einer ICL-CRF-Formulierung mit 4-5M in nur einer Anwendung (rechts).

 

Die Zukunft von CRF

 

Die technologischen Entwicklungen des letzten Jahrzehnts haben wirtschaftlichere Düngemittel mit kontrollierter Freisetzung möglich gemacht, die die landwirtschaftliche Praxis verändern. CRF spielen jetzt eine Schlüsselrolle bei der Verringerung von Nährstoffverlusten und bei der Aufrechterhaltung oder Steigerung von Ernteerträgen bei geringerem oder ähnlichem Nährstoffeinsatz wie bei der herkömmlichen Anbaupraxis.

Lebenszyklusanalysen werden landwirtschaftlichen Erzeugern, dem Handel und den Verbrauchern weitere Einblicke in die Umweltvorteile und den geringeren Kohlenstoff-Fußabdruck dieser Technologie im Vergleich zu herkömmlichen Düngemitteln liefern.

Unabhängige Forschungen über die Effizienz von CRF sind im Gange, und es ist wichtig, die politischen Entscheidungsträger davon zu überzeugen, diese Technologie in neue Gesetze aufzunehmen, um die Umweltauswirkungen von Düngemitteln zu verringern.

Die derzeitigen Polymer-Schwefel- und Polymer-Beschichtungen bauen sich nur sehr langsam ab und sind nach der Freisetzung der Nährstoffe im Boden praktisch inert. Sie sind so dünn wie möglich (so dünn wie ein menschliches Haar) und durchlässig, wobei die Beschichtung dennoch ihre Funktion erfüllen kann: die Freisetzung von Nährstoffen über einen bestimmten Zeitraum zu kontrollieren. In den nächsten zehn Jahren werden die Düngemittelhersteller aufgrund neuer gesetzlicher Bestimmungen, wie z. B. der neuen europäischen Vorschriften über die biologische Abbaubarkeit von CRF-Beschichtungen, gefordert sein, neue Beschichtungstechnologien zu entwickeln, die sich schneller abbauen.