Stellschrauben für eine effiziente P-Düngung

Im Boden liegt Phosphor in mineralischer und organischer Form vor und ist weitgehend immobil. Daher wird er kaum in tiefere Bodenschichten verlagert, sondern durch Bodenerosion in Gewässer eingetragen.

Oktober 1, 2023
7Min
Dr. Heinrich Thöle
Anwendungsberater Ackerbau

Unter den Hauptnährstoffen der Pflanzen nimmt Phosphor eine besondere Stellung ein. Es liegt im Boden in mineralischer und organischer Form vor und ist weitgehend immobil. Daher wird Phosphor (P) kaum in tiefere Bodenschichten verlagert, sondern durch Bodenerosion mit Wind oder Wasser von geneigten Flächen ohne Bedeckung (Pflanzen oder Mulch) in Gewässer eingetragen.
Nach einer P-Düngung erfolgt in kurzer Zeit der Übergang von mobilen und leicht pflanzenverfügbaren Phosphaten (nur 1–2 kg/ha) in eine labile Phase, sodass nur 5–25 % der P-Aufnahme eines Pflanzenbestandes aus einer aktuellen Düngergabe stammen. Labiler Phosphor ist im Boden von Aluminium- und Eisenoxiden, Tonteilchen oder organischen Bestandteilen umkehrbar gebunden (Adsorption) und kann somit wieder in die Bodenlösung abgegeben werden (Mobilisierung). Labile Phosphate stellen damit in der Vegetation die primäre P-Quelle dar. Labiler Phosphor geht abhängig vom pH-Wert auch mehr oder weniger stabile Verbindungen als Eisen-, Aluminium- oder Kalziumphosphat ein und ist dann nicht mehr pflanzenverfügbar. Man spricht vom Alterungsprozess der Phosphate. Die Aufnahme von Phosphat aus der Bodenlösung erfolgt in einem Bereich der Rhizosphäre bis fünf Millimeter. Pflanzenwurzeln sind je nach Kultur und Bindung des Phosphats in der Lage, sich Phosphat zu „erwachsen“. Zusätzlich wird organisch gebundenes P unter Einfluss von Bodentemperatur und -feuchte durch Mikroorganismen verfügbar. Das kann bei organischer Düngung einen hohen Anteil an mobilisiertem P ausmachen. Eine Mobilisierung stabiler Phosphate erfolgt ebenso durch Wurzelausscheidungen bestimmter Arten bzw. die Tätigkeit der Bodenmikroben.

Eine Frage der Methode

Pflanzenverfügbarer Phosphor wird als löslicher P-Anteil in der Krume in erster Linie nach der CAL- oder DL-Methode bestimmt (EUF-Methode ist auch möglich). Ein absoluter P-Gehalt gibt aufgrund der umrissenen komplexen Zusammenhänge nur eine ungenaue Vorstellung über die P-Versorgung eines Pflanzenbestandes aus dem Boden. Daher hat man auf Basis langjähriger Feldversuchen Spannweiten für P-Gehalte (Gehaltsklassen) definiert, um analysierte P-Werte einzuordnen und den Düngebedarf abzuschätzen. Bei P in Gehaltsklasse C unterstellt man, dass eine Düngergabe nach erwartetem P-Entzug der Kultur ausreicht, um den Zielertrag zu erreichen. Bei Erreichen der Klasse B oder A (geringe/sehr geringe P-Gehalte) wird es wahrscheinlicher, dass P-Reserven im Boden nicht ausreichen und P über Entzug ergänzt werden muss. Umgekehrt kann man in den Klas-sen D und E P-Gaben reduzieren. Vergleichbare Aussagen liegen auch aus Versuchen unter Bedingungen des Ökolandbaus vor.
Die VDlufa (2018) senkte die P-Gehalte für Klasse C. Man begründete diesen Schritt damit, dass durch jahrzehntelange Düngung in vielen Böden die P-Gehalte angehoben wurden, sodass Bodenreserven stärker zu nutzen seien. Das gilt insbesondere in Regionen mit dem Anfall hoher Mengen organischer Dünger.

pH-Wert des Bodens

Andererseits findet man in veredelungsarmen Regionen auch zunehmend phosphorverarmte Böden, wo auf eine kontinuierliche und entzugsorientierte P-Düngung langjährig verzichtet wurde und die Basis für stabile Erträge und den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit zunehmend in Gefahr gerät. Daher ist die P-Düngung bzw. die Nutzung von P-Reserven über verschiedene Stellschrauben möglichst effizient zu gestalten.
Der Einstellung des optimalen pH-Wertes durch Kalkung entsprechend der Bodenart und Hu-musgehalt kommt eine zentrale Rolle zu, um dem Alterungsprozess von Phosphat zu begegnen und P leichter in der labilen Phase zu halten. Auch tragen suboptimale pH-Werte durch eine beeinträchtigte Bodenstruktur aufgrund einer zu geringen Ca-Sättigung am Austauscher zu geringerer P-Verfügbarkeit bei. Ein optimaler pH-Wert und eine „frische“ P-Gabe können sich besonders günstig auswirken.

Wahl des Düngers

Regelmäßige Düngung mit leicht löslichen P-Düngern trägt dazu bei, dass hohe Anteile aus der labilen Phase pflanzenverfügbar werden und den P-Alterungsprozess quasi „verlangsamen“. Die für die Produktion mineralischer P-Dünger eingesetzten Phosphatgesteine werden weltweit abgebaut. Mit verschiedenen Aufschlussverfahren werden Rohphosphate in eine pflanzenverfügbare Form überführt.
Abhängig vom Verfahren wird nach Vollaufschluss oder Teilaufschluss der P-Dünger unterschieden, oder es bleibt beim Rohphosphat. Mit dem Aufschlussgrad von Voll- über Teilaufschluss zum Rohphosphat sinkt der Beitrag zum Bodengleichgewicht aus labiler Phase und Bodenlösung. ICL Triple-Superphosphat (TSP) ist z. B. ein voll aufgeschlossener P-Dünger mit einem Gesamtgehalt von 46 %
P2O5, wovon 43 % wasserlöslich, also direkt pflanzenverfügbar, vor-liegen. Bei teilaufgeschlossenen P-Düngern kann man ICL NovaPhos (Gesamtgehalt: 23 % P2O5, 34 % CaO) erwähnen, wo noch 10 %
P2O5 wasserlöslich sind. Auch lassen sich hier recycelte P-Herkünfte aus z. B. Klärschlammaschen einordnen, die zukünftig immer größere Anteile gegenüber Düngern aus Phosphatgestein einnehmen werden. Be einem (weicherdigen) Rohphosphat wird z. B. neben 40 % CaO ein Gesamtgehalt von 26 % P2O5 ohne wasserlöslichen Anteil angegeben. Rohphosphate stellen eine Langzeitreserve dar und eignen sich unter anderem für organische Standorte mit sauren pH-Werten. Aufgrund der geringen P-Mobilität ist eine gute Wurzelausbildung und eine Erhöhung des Bodenkontakts der P-Dünger von großer Bedeutung. Die Wurzelausbildung kann entscheidend durch Grundbodenbearbeitung und Streutermin gefördert werden. Durch Pflügen wird auch P mit dem Boden durchmischt und die Aktivität des Bodenlebens angeregt, was die P-Mobilisierung fördert. Vor allem sollten Wurzelbarrieren bzw. Verdichtungen vermieden bzw. gelockert werden. Allein ist es bereits vorteilhaft, P-Dünger in den Boden z. B. bei einer Saatbettbereitung einzuarbeiten oder im wurzelnahen Raum bei der Aussaat zu platzieren.
Da Böden von der Oberfläche her austrocknen, erzielt man durch eine Einbringung in länger feuchte, tiefere Schichten des Bodens eine bessere P-Verfügbarkeit. Das gilt besonders in den ost-deutschen Regionen mit zunehmender Frühjahrstrockenheit, wo eine geringe P-Mobilisierung aus dem labilen Bodenvorrat stattfindet.

In Winterkulturen ist es gängige Praxis, die P-Düngung im Frühjahr als Kopfdüngung zu geben. Aufgrund der stärkeren Trockenphasen (z. B. 0 mm Niederschlag im März 2022 entgegen eher typischen Phasen in April und Mai) ist die beschriebene Praxis zu überdenken. Gerade bei geringen P-Gehaltsstufen ist eine Grunddüngung mit Phosphat im Herbst mit einer darauffolgenden Einarbeitung in den Oberboden überle-genswert.
Beim Mais ist P-Unterfußdüngung ein Klassiker. Bei Kulturen wie Raps oder Getreide kann es ebenso vorteilhaft sein, den Dünger nicht nur in den Boden einzumischen, sondern gezielt an die Wurzel zu legen. Wichtig ist dabei, Salzschäden durch eine zu dichte Düngerablage an der Pflanze zu vermeiden. Raps kann besonders empfindlich auf einen zu geringen Abstand zwischen Saatkorn und Dünger reagieren. Weniger sensibel verhält sich Getreide. Mais ist dagegen noch unempfindlicher als Getreide und Raps, was sich in der verbreiteten Praxis zeigt. Die folgende Abbildung gibt einen Überblick, welche Arten der Düngerplatzierung technisch möglich sind.

Quelle: Herrmann 2020 (LLH) nach Nkebiwe et al. 2016

Untersuchungen der TLLR (2019) zeigen, dass sich am Trockenstandort Friemar (TH), wo die P-Verfügbarkeit eingeschränkt ist, durch Einarbeitung von TSP (100 % Entzug) vor der Saat Weizenmehrerträge von etwa 11 dt/ha und  mit Unterfußdüngung ca. 12 dt/ha ein-stellten (P-CAL in Gehaltsklasse A). Die P-Kopfdüngung im Frühjahr erbrachte nur 5 dt/ha Mehrertrag. Ähnlich lagen bei Wintergerste Mehrerträge bei P-Einarbeitung bzw. Unterfußdüngung jeweils bei 15 bzw. 14 dt/ha. Die Kopfdüngung erzielte „lediglich“ 12 dt/ha mehr. Raps jedoch erzielte bei 100% Entzugsdüngung mit TSP vergleichbare Mehrerträge bei Einarbeitung, Unterfußablage oder Kopfdüngung von ca. 5 dt/ha.

Kultur und Fruchtfolge

Ebenso spielt die angebaute Kultur für eine effektive P-Ausnutzung eine wichtige Rolle. Kulturpflanzen verfügen über sehr unterschiedliche Fähigkeiten bei der Aneignung von Bodenphosphaten.
Im Sinne der Fruchtfolgedüngung hat es sich bewährt, Phosphor zu den anspruchsvolleren Blattfrüchten zu düngen. Mais und Kartoffel gelten als Kulturen mit relativ schlechtem P-Aneignungsvermögen und werden bevorzugt bei der Versorgung des Bodenvorrats bedacht. Bei Untersuchungen der Universität Gießen (2007) zeigte sich, dass Raps, Lupinen und auch Zuckerrüben artspezifisch in der Lage sind, sich in der Rhizosphäre P aus Düngung mit Rohphosphat zu erschließen. Mais war dazu nicht in der Lage.
In einer Metastudie an der Universität Rostock (2019) reagierten Zuckerrüben und Kartoffeln bereits in Gehaltsklasse C am positivsten auf P-Düngung nach Entzug (10 % Mehrertrag).
Beim Getreide kann man die P-Düngung von der Fruchtfolgestellung abhängig machen. Weizen steht häufig nach Blattfrüchten, wobei man eine P-Versorgung nach dem Verbleib von Ernterückständen entscheiden kann. So ist mit Rapsstroh oder Rübenblatt zum Weizen die P-Düngung weit-gehend erledigt. Bei Getreidevorfrucht und Strohbergung ist eine Nachdüngung mit P überlegenswert.

FAZIT: Phosphor unterliegt im Boden einer recht komplexen Dynamik, sodass ei-ne P-Düngung „auf den Punkt“ wie beim Stickstoff nicht den Erfolg verspricht. Vielmehr spielt die Gestaltung der Rahmenbedingungen eine große Rolle, die P-Mobilisierung anzuregen und zu fördern. Dazu zählen im Wesentlichen die Optimierung des Kalkzustandes, Wahl des P-Düngers, die Terminierung und Einarbeitung bzw. Platzierung des Düngers. Damit ist es weiterhin möglich, bei reduzierten, aber gezielteren P-Gaben hohe Erträge und Qualitäten in der Landwirtschaft zu erreichen und gleichzeitig steigende äußere Einflüsse wie die Vorgaben der Düngeverordnung oder abgesenkte P-Gehalte in den offiziellen Düngungsempfehlungen fachlich zu berücksichtigen.