N-Effizienzsteigerung und Vermeidung von Nährstoffverlusten

Physikalischer Schutz des Düngerkorns durch Umhüllung bringt Vorteile im Vergleich mit Urease-Inhibitoren

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Dr. Sebastian Feil
Ludwigshafen am Rhein

Die Düngung mit Stickstoff (N) ist unter besonderem Fokus, weil durch ineffiziente Ausnutzung der Pflanzen ein wesentlicher Teil als Emissionen oder durch Auswaschung verloren geht. Vor allem wegen politischer Bedenken wird seit einigen Jahren eine Reduktion der Stickstoffdüngung forciert, denn knapp 8 Prozent der Emissionen (Lachgas) werden der Landwirtschaft angerechnet (BMEL). Gewisse Verluste an Stickstoff sind aber nicht zu vermeiden, auch wenn nach bestem Gewissen und guter fachlicher Praxis gehandelt wird. Jährliche und intensiver werdende Wetterkapriolen beeinflussen den Anbau und im speziellen die Nährstoffaufnahme negativ (DWD, BMEL).

Während sich die Landwirtschaft weiterentwickelt, wird ein differenziertes Verständnis der Stickstoffdüngerformen immer wichtiger, um das empfindliche Gleichgewicht zwischen Produktivität und Umweltschutz zu erreichen. Für die richtige Wahl der Düngeform sind grundsätzliche Zusammenhänge wichtig: So muss der Bedarf der Pflanze mit der Verfügbarkeit des Nährstoffs, sowie des N-Angebots im Boden abgestimmt sein.

Bei der Handhabung organischer Dünger ist eine Einarbeitung vorgeschrieben, um Emissionen zu verringern. Auch durch Ansäuerung oder Zusatz von Hemmstoffen, können die Verluste um bis zu 80% gesenkt werden (LFL, BMEL). Die Menge des umgesetzten organisch gebundenen Stickstoffs im Boden hängt stark vom Bodentyp, den Witterungsbedingungen und der Aktivität der Bodenmikroorganismen ab. Verschiedene Mineralstickstoffdünger bieten den Landwirten eine Vielzahl von Möglichkeiten für Anpassungsstrategien eines effizienten Nährstoffmanagements. Die richtige Düngerwahl hängt von verschiedenen Faktoren ab: der Art der Feldfrucht, den Bedingungen des Bodens und meteorologischen Einflüssen.

Abbildung 1: Entwicklungsverzögerung bei Blumenkohl durch Stickstoffmangel nach Starkregenereignis (links: nach erster und zweiter Gabe schnell löslichen Düngers; rechts: Einmalige Gabe Dünger mit Umhüllungstechnologie; Foto: Sebastian Feil, LAD)

Um Auswaschungen und gasförmige N-Verluste zu vermeiden, sind Menge, Form und Applikationstechnik entscheidend. Der Zeitpunkt sollte so gewählt werden, dass auch die Mineralisierung organisch gebundener Nährstoffe mit in die Kalkulation einfließt.

Unter den Mineraldüngern ist Harnstoffdünger der am häufigsten eingesetzte Dünger weltweit. Diese Nährstoffform kann von der Pflanze aufgenommen werden, allerdings ist das äußerst ineffektiv (Witte 2011). Der Umbau in andere Stickstoffformen ist da entscheidend. Auf einer erwärmten Ackeroberfläche verläuft dies rapide. Es gilt die gesetzliche Vorgabe, dass Harnstoff umgehend eingearbeitet werden muss, wenn er nicht mit einem Ureaseinhibitor (Nitrifikationsinhibitor reicht nicht) versehen ist. Die Effizienz von Harnstoff hängt von der Umsetzung im Boden durch mikrobielle Aktivität zu Ammonium und schließlich zu Nitrat ab. Ein Überangebot beziehungsweise nicht aufgenommener Nährstoff kann leicht verloren gehen kann. Die Reaktionsgeschwindigkeit von Harnstoff zu Ammonium ist abhängig von der Bodentemperatur und dauert bei 10 °C etwa zwei Tage (Amberger 1996). Ammonium kann sich an Bodenpartikel haften und ist dadurch weitestgehend vor Auswaschung geschützt. Es kann aber bei Überangebot in das gasförmige Ammoniak übergehen und sich dadurch verflüchtigen oder die Pflanze schädigen. Ammonium muss aktiv von den Pflanzenwurzeln aufgenommen werden. Nach der Umwandlung von Ammonium zu Nitrat ist der Nährstoff in der Bodenlösung frei verfügbar. Die Umwandlungsgeschwindigkeit ist träge und benötigt bei 10 °C zwei Wochen. Darüber hinaus kann Nitrat im Vergleich zu Ammonium kann von der Pflanze gespeichert werden. Es wird passiv mit dem Massenstrom aufgenommen. Das, was nicht von der Pflanze aufgenommen wird, unterliegt  der Gefahr ausgewaschen zu werden oder bei entsprechenden Bedingungen in das flüchtige N2O (Lachgas) überzugehen. Während der Vegetation und bei angemessenem Niederschlag ist das Auswaschungsrisiko bei schnellfließenden Düngern gering, da die Evapotranspiration während der Vegetationszeit meist höher als die Niederschlagssumme ist. Eine Düngestrategie mit Teilgaben und digitalen Werkzeugen minimiert das Risiko zusätzlich. Dabei ist entscheidend, ob der Bestand witterungsbedingt befahrbar oder eine Einwaschung des Düngers in Trockenperioden gegeben ist.

Abbildung 2: Entwicklungsverzögerung bei Kartoffeln durch Auswaschung von Stickstoff nach Starkregenereignis (links:  nach dreimaliger Gabe schnell löslichen Düngers; rechts: Einmalige Gabe eines Mischdüngers mit 40 % umhüllten Stickstoff; Foto: Sebastian Feil, LAD)

Es kann je nach Betriebsstruktur, Bodenbedingungen und Arbeitspensum Sinn machen, langsamfließende oder kontrolliert freisetzende Dünger anzuwenden, um Überfahrten zu reduzieren. Auf sandigen Böden oder solchen, die sich schnell erwärmen ist darauf zu achten, dass die mikrobielle Bodenaktivität stark erhöht ist. Auch in Gebieten mit hohen  Niederschlagsmengen oder Hitzeperioden werden die Nährstoffe sehr schnell umgesetzt, auch in N-Formen, die nicht mehr pflanzenverfügbar sind. (Lam et al, 2022; Beekman et al., 2023). Dabei hat Kalkstickstoff allein wegen der Molekülstruktur und dessen Umbaus zu einem Nährstoff eine verzögerte Nitrifikation. Inhibitoren greifen dagegen an verschiedenen Stellen in die Umwandlungsaktivität von Harnstoff ein. Urease-Inhibitoren verringern die Aktivität des Urease-Enzyms, so dass die Umwandlung von Harnstoff in Ammonium verlangsamt wird. Nitrifikationshemmstoffe bzw. Ammoniumstabilisatoren hemmen die Aktivität derjenigen Bakterien im Boden, die die Umwandlung von Ammonium- zu Nitrat-Stickstoff verantwortlichen. Diese Hemmstoffe können bis zu 70 % der N-Verluste einsparen. Inhibitoren sind allerdings bedingt stabil unter den Einflüssen des Wetters und hohen Temperaturen (Bittmann et al. 2014, Lam et al. 2022).

Umhüllte Dünger haben die höchste N-Effizienz zur der Vermeidung von Verlusten (Lam et al. 2022). Umhüllte Dünger sind nicht mit Inhibitoren versehen. Die Freisetzung des Nährstoffs wird physikalisch durch eine Hülle gesteuert. Die Hülle besteht oft noch aus Polymeren, neuerdings gibt es auch biologisch abbaubare Hüllen. Der Nährstoff wird in der Hülle zurückgehalten und ist dadurch vor Umwandlung und Verlusten geschützt. Je wärmer es im feuchten Boden wird, desto mehr Nährstoff (N in Form von Harnstoff) kann aus der Umhüllung gelöst werden. Wenn die Pflanzenleistung und die Nährstoffaufnahme sowohl in Kälte- als auch in Trockenperioden reduziert wird, ist auch Nährstoffreisetzung eingeschränkt. Eine schnellfließende Komponente sollte aber immer ein Teil der Düngestrategie sein, um auch bei kalten Bedingungen genügend Stickstoff zu liefern.

Es werden verschiedene Dünger und Düngemischungen angeboten, die eine einfache Lösung ermöglichen sollen. Der Bedarf der Pflanze sollte mit der Verfügbarkeit und des Nährstoffs sowie des N-Angebots im Boden abgestimmt sein. Schwierige Wetter- und Feldbedingungen erzeugen hohen Aufwand, die Bilanz soll aber eingehalten und Verluste sollen vermieden werden. Die Auswahl des Düngers, der verwendet werden soll, ist eine Entscheidung, die sich erst nach Überprüfung der Möglichkeiten und unter der Berücksichtigung des Arbeitspensums und der Sicherheit in der Kulturführung ergibt.

 

 

 

Quellen: